Berliner Wasserrat
NACH REKOMMUNALISIERUNG: DEMOKRATISIERUNG!
Der Berliner Wasserrat – das partizipative Forum des Berliner Wassertischs
Der Berliner Wasserrat hat es sich zur Aufgabe gemacht, nach der Rekommunalisierung der Berliner Wasserbetriebe deren demokratische, soziale und ökologische Ausrichtung voranzubringen und wichtige Impulse zur Wasserbewirtschaftung der Metropole zu geben.
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Die Berliner Wassercharta
Der Berliner Wassertisch hat auf einer Pressekonferenz am 5. September 2013 erstmalig der Öffentlichkeit den Vorschlag für eine Berliner Wassercharta vorgestellt. Mehr Informationen dazu hier:
Über den Berliner Wasserrat
von Ulrike von Wiesenau
Die Vorgeschichte
Zur Erinnerung: Die Berliner Wasserbetriebe waren im Jahr 1999 über eine Holding AG zu 49,9 Prozent an die Konzerne RWE und Veolia veräußert worden. Es war die größte Teilprivatisierung eines kommunalen Wasserbetriebes innerhalb der Europäischen Union. Die geheim gehaltenen Verträge dieser »Öffentlich-Privaten Partnerschaft« (ÖPP) enthielten eine Gewinngarantie für die Privatunternehmen und wurden erst unter dem Eindruck des vom Berliner Wassertisch erzwungenen Volksentscheides vom Senat veröffentlicht. Im Oktober 2012 kaufte das Land Berlin den Anteil des Konzerns RWE zurück, der Rückkauf des Veolia-Anteils erfolgte im November 2013.
Mit dem Rückkauf der privaten Anteile war das Ende des Weges zur Rekommunalisierung noch nicht erreicht. Viele umweltpolitische und soziale Aufgaben waren liegengeblieben. In den 14 Jahren der Teilprivatisierung war die Tätigkeit der Berliner Wasserbetriebe der Gewinnerzielung untergeordnet. Obwohl das Land Mehrheitseigner der Wasserbetriebe geblieben war, lag die technische und kaufmännische Leitung vollständig in der Hand der privaten Anteilseigner. Die Wasserpreise stiegen um mehr als 35 Prozent, und die für Investitionen vorgesehenen Anteile des Wassergelds wurden als Gewinne an die Privaten ausgezahlt. Die Belegschaft der Wasserbetriebe wurde um ein Drittel reduziert.
Der Berliner Wassertisch forderte eine Umstrukturierung der nach wie vor als komplexe Holding organisierten Berliner Wasserbetriebe und zog aus den Fehlentwicklungen der Teilprivatisierung den Schluß, daß die Bürgerinnen und Bürger künftig an Entscheidungen der Wasserbetriebe beteiligt sein müssten, um sicherzustellen, daß die rekommunalisierten Betriebe sich an den gebotenen sozialen, ökologischen und demokratischen Kriterien orientieren und eine erneute Privatisierung ausgeschlossen wird. Denn der öffentliche Status eines Betriebes allein, so die Auffassung des Berliner Wassertischs, garantiert nicht zwangsläufig die Orientierung am Gemeinwohl, zu stark ist die Dominanz der Wirtschaft gegenüber der Politik. In der Ausgestaltung der Verträge zwischen privaten und öffentlichen ‚Partnern‘ im Kernbereich der Daseinsvorsorge dominiert immer mehr das Privatrecht gegenüber dem öffentlichen Recht und die Orientierung an wirtschaftlicher Rentabilität statt am Gemeinwohl bestimmt das Denken und Handeln der Führungskräfte auch in der öffentlichen Verwaltung. Resultat: Die Repräsentativorgane versagen immer öfter bei der Aufgabe, die notwendigen demokratischen Kontrollen auszuüben.
November 2013: Vertreterinnen und Vertreter zahlreicher gesellschaftlicher Initiativen und Organisationen gründen den Berliner Wasserrat
Vor dem beschriebenen Hintergrund gründeten Ende November 2013 Vertreterinnen und Vertreter zahlreicher gesellschaftlicher Initiativen und Organisationen den Berliner Wasserrat, ein Gremium der Bürgerbeteiligung, das sich als ergänzendes direktdemokratisches Kontrollorgan und Impulsgeber versteht.
Seit der Gründung haben zahlreiche Initiativen, Verbände und Experten zentrale Themenfelder zur gemeinwohlorientierten Wasserwirtschaft und zur Bürgerbeteiligung an den Berliner Wasserbetrieben im Wasserrat diskutiert und entsprechende Vorschläge und Konzepte dazu entwickelt. Über den Wasserrat sollten künftig nicht nur alle relevanten Dokumente allgemein zugänglich sein, sondern die Berlinerinnen und Berliner auch in grundlegende Entscheidungen ‚ihrer‘ Wasserbetriebe eingebunden werden.
Zu diesem Zweck ist der Berliner Wasserrat von Seiten der Politik auf Dauer mit bestimmten Rechten auszustatten, insbesondere mit erweiterten Informations-, Antrags- und Mitentscheidungsrechten. Voraussetzung für die Wahrnehmung dieser Rechte ist wiederum, dass seine Mitglieder umfassende Informationen über die grundlegenden Unternehmensziele und die Grundsätze der Unternehmensführung der Berliner Wasserbetriebe erhalten. Inwieweit der Wasserrat eine institutionelle Verankerung benötigt, welche Rechtsform für ihn angemessen ist und wie seine Mitglieder zu bestimmen sind, muss im öffentlichen Diskurs noch näher bestimmt werden. Doch bereits in seiner jetzigen Form, als frei zugängliches, direktdemokratisches Forum entfaltet er seit Jahren politische Gestaltungskraft und inspiriert Politik und Zivilgesellschaft national wie international mit seinen Veranstaltungen und Initiativen.
Die »Berliner Wassercharta« als Leitlinie für eine demokratisierte Wasserwirtschaft
Der Berliner Wassertisch hatte zur inhaltlichen Verständigung der Akteure und zur modellhaften Orientierung im September 2013 den Entwurf einer »Berliner Wassercharta« vorgestellt, deren Leitlinie eine transparente, soziale, ökologisch nachhaltige und demokratische Wasserwirtschaft in öffentlicher Hand ist.
Eine dem Geist der Wassercharta entsprechende Zukunftsvision für Berlin eröffnete nicht zuletzt das Pariser Modell. Im Jahr 2010 brachte die französische Hauptstadt nach 25 Jahren privater Wasserwirtschaft die Wasserversorgung in städtischen Besitz zurück. Mit »Eau de Paris« wurde ein Unternehmen in öffentlicher Hand gegründet. Neben dem Verwaltungsrat des Unternehmens, dem »Conseil d’Administration«, besteht ein partizipatives Kontrollgremium mit beratender Funktion, der »Observatoire parisien de l’eau«, in dem Vertreter des Verbraucher-, Mieter-, und Umweltschutzes wie auch unabhängige Wissenschaftler und Experten versammelt sind.
Der Berliner Wasserrat setzt wesentliche Aspekte der Wassercharta um und greift einige Elemente des Pariser Modells auf. In seinem Selbstverständnis und den Vorstellungen zu seiner adäquaten Weiterentwicklung unterscheidet er sich jedoch zum Teil deutlich vom Pariser Modell und anderen – wie etwa dem Zukunftsrats-Modell von Patricia Nanz – vor allem insofern, als es nicht nur beratende, sondern auch direkt mitbestimmende Funktionen anstrebt. Der im Oktober 2014 von den Berliner Wasserbetrieben lancierte Kundenbeirat mit rein beratender Funktion scheint vor dem Hintergrund der Erfahrungen der Berliner Teilprivatisierung unzureichend.
Berliner Wasserbetriebe – nach Rekommunalisierung Demokratisierung!
Auf Rekommunalisierung muss Demokratisierung folgen – dieses Credo der Bürgerinitiative Berliner Wassertisch versucht der Berliner Wasserrat nach wie vor konsequent zu realisieren. Durch seine konstruktiv-kritische Arbeit gewinnt er zunehmende Bedeutung als ergänzendes demokratisches Gremium im Bereich der Berliner Wasserwirtschaft. Damit bietet er den Berliner Wasserbetrieben wie auch der Berliner Politik und Verwaltung die Möglichkeit, gemeinsam mit der Bevölkerung eine tragfähige und produktive Form der direkten Beteiligung an einem öffentlichen Unternehmen zu entwickeln und zu erproben, die die besonderen Potentiale der Bürgerinnen und Bürger als Ideen- und Impulsgeber nutzt und Leitbild für Rekommunalisierungen im Bereich der Daseinsvorsorge sein kann.
Vergangene Veranstaltungen
07. September 2023 | Haus der Demokratie und Menschenrechte
Grünes Wachstum oder Degrowth? – Konferenz zur Vereinbarkeit von Ökonomie und Ökologie
Klimaschutz ist eine Menschheitsaufgabe, die wohl größte Herausforderung unserer Zeit. Doch nicht nur die etablierte Politik, auch ein grosser Teil der Ökoszene setzt auf Wachstum. Mithilfe erneuerbarer Energien und stetiger Innovation soll unsere Wirtschaft, zwar ökologisch nachhaltig, aber dennoch ständig wachsen. Das Narrativ vom »grünen Wachstum«, das suggeriert, es gäbe eine Entkoppelung von Wirtschaftswachstum und Ressourcen- bzw. Energieverbrauch, könnte letztlich nur dem Zweck dienen, der eigentlichen politischen Herausforderung auszuweichen. Nämlich der Frage: Wie schaffen wir eine Wirtschaft, die bereit ist, mit wesentlich weniger Ressourcen auszukommen, welche alternativen Ansätze könnten einen neuen Weg weisen?
28. März 2023 | Haus der Demokratie und Menschenrechte
Regen-zu-Baum-Projekt: Herausforderungen einer Umsetzung der Regenwasserbewirtschaftung im Wohnungsbestand
Der Berliner Wasserrat lädt in Vorbereitung der zweiten Regen-zu-Baum-Konferenz zu einer Arbeitssitzung ein, die die Herausforderungen einer Umsetzung der Regenwasserbewirtschaftung im Wohnungsbestand konturiert und diskutiert.
08. November 2022 | Haus der Demokratie und Menschenrechte
Masterplan Wasser Berlin – von Unten gedacht.
In Nachfolge der „Regen zu Baum“-Konferenz zur Arbeitssitzung über Siedlungswasser
06. September 2022 | Haus der Demokratie und Menschenrechte
„Regen zu Baum“- Konferenz
Umsetzung der dezentralen Regenwasserbewirtschaftung in Berlins Bestandsquartieren
12. Mai 2022 | Haus der Demokratie und Menschenrechte
Tesla-Gigafactory, das Wasser und der Klimawandel: Auf der Suche nach einer echten Mobilitätswende
TESLA aber auch die Bundesregierung setzen bei der Verkehrswende mit dem Ziel des Klimaschutzes einseitig auf die E-Mobilität und präsentieren diese nahezu alternativlos als Zukunftstechnologie. Kritiker der Tesla-Gigafactory aber beanstanden, dass die Fabrik in Zeiten des Klimawandels das ohnehin bestehende Risiko einer Wasserknappheit in der Region vergrößere, zu einer zusätzlichen Gefährdung des Trinkwassers durch Einleitung von teilweise unbekannten Schadstoffen in die Spree führe und ein großes zusammenhängendes Waldgebiet zerstöre.
23. November 2021 | Haus der Demokratie und Menschenrechte
Teslas Gigafactory, die Hauptstadt und die Gefährdung des Wassers – Und die Politik schweigt?
Die warnenden Stimmen mehren sich, die Gefährdung des Brandenburger aber auch des Berliner Wassers wird längst nicht mehr nur von lokalen Umweltinitiativen und Akteuren wie der BI Grünheide, dem Berliner Wassertisch und der Wassertafel Berlin-Brandenburg thematisiert.
Einstiegsreferate: Dr. Heidemarie Schroeder (Wassertafel Berlin-Brandenburg, Verein für Natur und Landschaft in Brandenburg (VLNB)), Lars Domann (Ingenieur, BI Grünheide), Werner Klink (Geologe, BI Grünheide)
27. April 2021 | Online-Veranstaltung
Gräbt Tesla Berlin das Wasser ab?
Südöstlich von Berlin wächst im brandenburgischen Grünheide die Tesla-Gigafactoryaus dem märkischen Sand. Dort, wo im vergangenen Jahr noch über 100 Hektar Wald standen, will Elon Musk bereits im Juli seine Elektro-Auto-Produktion an den Start bringen. Umweltverbände wie die Grüne Liga Brandenburg äussern massive Bedenken, da das Werk in einem Wasserschutzgebiet liegt. Dieses Berliner Urstromtal, eine Senke, die sich von Südosten nach Berlin hineinzieht und die natürliche Zisterne der deutschen Hauptstadt bildet, ist ein Speicher, der mit jedem trockenen Sommer leerer wird. Bereits heute sinkt der Grundwasserpegel dramatisch, der Klimawandel führt zu einer zusätzlichen Wasserverknappung.
03. November 2020 | Haus der Demokratie und Menschenrechte
Beteiligungsprozesse im Focus – Voraussetzungen und Kriterien für eine wirksame Partizipationskultur
Kein Zweifel: Viele Menschen wünschen sich mehr politische Gestaltungsmacht. Und nicht wenige halten Partizipation für einen entscheidenden Weg, um unsere Demokratie vor weiterer Erosion zu bewahren und die immensen Herausforderungen, wie sie etwa durch Digitalisierung, Klimawandel, Migration und die Corona-Krise gestellt sind, in humaner und tragfähiger Weise durch Transformation zu bewältigen.
01. September 2020 | Haus der Demokratie und Menschenrechte
„Blue Community“ – eine internationale Initiative als Ausweg aus der weltweiten Wasserkrise?
Maude Barlows Vision einer wassergerechten Welt begann als Graswurzelbewegung und hat inzwischen weltweit Kreise gezogen: Um die Privatisierung des Wassers zu bekämpfen und unsere wichtigste Lebensgrundlage umfassend zu schützen, sind viele Städte auf der ganzen Welt zu „Blue Communities“ geworden.
Auch Berlin hat sich am 21.3.2018 durch Beschluss des Abgeordnetenhauses auf diese Grundsätze verpflichtet. Wohl erstmalig arbeiten hier die Politik (der Senat und die Senatsverwaltung,) die Wirtschaft (die Berliner Wasserbetriebe) und Wasseraktive zusammen, eine Aufgabe voller Herausforderungen, für alle Beteiligten. Da sind wir als Wasserbewegung gefragt: Aufklären, begeistern für das Thema Wasser und Schritte zum Mitmachen entwickeln.
07. Juli 2020 | Haus der Demokratie und Menschenrechte
»wasserstories« – ein Multimediaprojekt über Krise und Ausverkauf unserer wichtigsten Lebensressource
In Zeiten des Klimawandels und drohender Privatisierungen unserer Gemeingüter lädt der Berliner Wasserrat herzlich ein zu einer hochaktuellen Projektvorstellung der jungen Berliner Grafikdesignerin und Künstlerin Caroline Breidenbach: »wasserstories« ist eine interaktive und multimediale Ausstellung, die über die Krisenthemen Süßwasser und Privatisierung vor dem Hintergrund des Klimawandels auf unkonventionelle Art und Weise aufklärt und sensibilisiert.
Über verschiedene Formate wie z.B. Multimedia Stories, Objektinstallationen sowie Vorträgen und Diskussionsreihen wird die Thematik auf unterschiedlichen Ebenen behandelt. Komplexe Themenfelder aus dem Bereich Politik, Gesellschaft und Umweltschutz werden bewusst aus der künstlerisch-gestalterischen Perspektive aufgearbeitet und dabei neue Betrachtungsweisen und Methoden erprobt.
03. März 2020 | Haus der Demokratie und Menschenrechte
Bürgerrat statt Mitmachfalle – auf der Suche nach einer neuen Partizipationskultur
Kein Zweifel: Viele Menschen in Deutschland wünschen sich mehr politische Partizipation. Und nicht wenige halten dies für den einzigen Weg, um unsere Demokratie vor weiterer Erosion zu bewahren und die immensen Herausforderungen, wie sie etwa durch Digitalisierung, Klimawandel und Migration gestellt sind, in humaner und tragfähiger Weise zu bewältigen.
Letzteres sehen die herrschenden Kreise in Politik und Wirtschaft durchaus anders. Wenn von dieser Seite das Bedürfnis nach Partizipation aufgegriffen wird, dann primär als Instrument der Konfliktvermeidung und verdeckten Steuerung. Partizipation wird dabei lediglich simuliert: Die Bürgerinnen und Bürger dürfen zwar kostengünstig Informationen über sich liefern und kreative Ideen einbringen, erhalten aber keine wirksamen Möglichkeiten, der sich vollziehenden Transformation unseres Gemeinwesens in einen marktkonformen, im Kern autoritären Staat, entgegen zu wirken. Um es mit einem Wort des Soziologen Thomas Wagner zu sagen: Die Bereitschaft der Bürgerinnen und Bürger zu demokratischem Engagement wird in eine „Mitmachfalle“ umgelenkt.