Grundsätze der Blue Community verwirklichen
Vortrag von Johanna Erdmann
Auf der Veranstaltung von Global Water Dances „Durst?! Die Welt im Wassermangel“ am 13. Juni 2019 berichtete Johanna Erdmann
vom Berliner Wassertisch über den aktuellen Stand der Wasserversorgung und das aktuelle Engagement zu Blue Community Berlin.
Zur Einleitung eine persönliche Bemerkung:

- Wangui in Berlin
Foto: privat
Als unsere Freundin Wangui, Menschenrechtlerin und Wasserkämpferin aus Kenia, vor ein paar Jahren in Berlin
war, sagte sie: „Wenn ihr uns in Afrika helfen wollt, dann bekämpft die multinationalen Konzerne, die uns die Probleme mit der Privatisierung des
Wassers machen bei euch in Europa, denn dort sitzen ihre Zentralen.“
So war auch unser Kampf gegen die Privatisierung der Berliner Wasserbetriebe, gegen RWE und Veolia ein
wichtiger Beitrag über unsere Stadt hinaus.
Noch mal kurzer ein Blick in die Vergangenheit:

- Wassertisch international
Foto: privat
Nach dem erfolgreichen Volksentscheid „Unser Wasser“ 2011, bei dem 666 000 Berlinerinnen und Berliner
uns die Stimme gaben, wurden zunächst die Anteile von RWE und dann die von Veolia mit „goldenem Handschlag“ durch den Berliner Senat zurückgekauft, sodass die Berliner Wasserbetriebe (BWB) seit 2013 wieder voll in Berliner Hand sind. Gezahlt wurde die Summe der entgangenen Gewinne bis 2028.
Diese Rekomunalisierung war ein doppelter Schlag, weil Veolia auch beabsichtigte, mit dem erfolgreichen
Geschäft in Berlin international gut „einkaufen gehen“ zu können.
Geblieben ist das Veolia- und RWE-Führungspersonal bei den BWB und die Art und Weise, wie Gewinne aus Wasser generiert werden.
Heute kalkulieren die öffentlichen Wasserbetriebe Gewinne in Höhe von 5,1% und nehmen vom
Wasserkunden zusätzlich Geld ein für geplante Investitionen.
Ob oder auch wofür das Geld der Wasserkunden für Investitionen verwendet wird, bleibt unkontrolliert.
Bis heute gibt es kein öffentliches Investitionsmonitoring. Das haben wir bereits 2012 zusammen mit den Bauindustrieverbänden Berlins eingefordert.
Transparenz ist die Sache der öffentlichen Wasserbetriebe nicht.
Wir nennen die nicht für Investitionen, sondern für Gewinnausschüttung verwendeten Gelder eine quasi Wassersteuer.
Unsere Forderung „Wasser bezahlt Wasser“ ist immer noch unerfüllt.
Stattdessen rühmt der Senat die Gewinne der Beteiligungen und verwendet sie für den laufenden Haushalt.
>Wir Wasserkunden zahlen dagegen bis zum Jahr 2044 die Darlehen für den Rückkauf der Anteile von RWE und Veolia ab. 1.260 Millionen € waren der Kredit, da ist noch eine Menge offen.
Aber auch unsere Forderung nach Demokratisierung der Wasserbetriebe ist noch nicht umgesetzt.

- Berliner Wassertisch vor dem Abgeordnetenhaus
Foto: Berliner Wassertisch
Der Berliner Wassertisch hat eine Berliner Wassercharta erarbeitet, von der wir wünschen würden, dass sie in die Politik implementiert wird. Der Text liegt aus!

- Berliner Wassertisch vor dem Brandenburger Tor
Foto: Berliner Wassertisch
Der bestehende Kundenbeirat kann diese Arbeit der Mitwirkung nicht leisten. Man könnte da auch von einer Mitmachfalle sprechen.
Auch weigert sich die Geschäftsführung der BWB zusammen mit dem Senat, dass die BWB der AöW beitreten.
Wir wollen dagegen die Gemeinwohlorientierung in der Satzung der BWB verankern. Auch das steht aus.
Nun, dennoch haben wir wieder etwas bewegt:

- Banner der Blue Community
Im März 2017 hatten wir initiiert, dass die Regierungsfraktionen des Abgeordnetenhauses die weltbekannte kanadische Wasseraktivistin Maude Barlow zu einer öffentlichen
Veranstaltung eingeladen haben. Sie hat alle von der Idee einer Blue Community auch für Berlin überzeugt.
Dann dauerte es ein weiteres Jahr, bis das Abgeordnetenhaus am 22. März 2018, dem Weltwassertag, den Beschluss fällte, auch Berlin zur Blue Community zu erklären und sich damit bestimmten
Grundsätzen zu verpflichten.

- Flyer der Blue Community
Diese sind:
Menschenrecht auf Wasser und sanitäre Grundversorgung
- was bedeutet, dass Trinkwasser und Toiletten für alle Menschen im öffentlichen Raum kostenlos zugänglich und verfügbar sein müssen.
Wasser als öffentliches Gut
- das heißt, dass die Wasserbetriebe mit Ver-und Entsorgung ohne Beteiligung von Konzernen in der öffentlichen Hand bleiben
Leitungswasser vor Flaschenwasser
- ist kurz gesagt die Anregung, Leitungswasser zu trinken und es z.B. in der Öffentlichen Verwaltung und bei Veranstaltungen anzubieten, um Plastikmüll zu vermeiden, aber
auch das Klima dadurch schützen, denn auch Pfandflaschen aus Glas erzeugen durch Transport CO2.
Internationale Partnerschaften
- das meint den Wissens-und Erfahrungsaustausch mit Städten des Südens, wo die Wasserversorgung ein wesentlich größeres Problem darstellt als bei uns.
Zu diesen allgemeinen Grundsätzen hat Berlin noch als Punkt den Schutz der Berliner Gewässer hinzugefügt.
- also die Wasserqualität sowohl des Trinkwassers als auch von Flüssen, Kanälen und Seen zu sichern.
Ich habe Flyer mitgebracht, wo das nachgelesen werden kann – auch der komplette Beschlusstext auf der Rückseite.
Am 23.Oktober 2018 hat die Kanadierin Maude Barlow, Initiatorin von Blue Community und Trägerin des
alternativen Nobelpreises, der Stadt Berlin das Zertifikat verliehen, ein Ereignis, das von vielen Initiativen gemeinsam vorbereitet wurde.

- Blue-Community-Zertifikat für Berlin
Foto: Berliner Wassertisch
Damit sind wir offiziell in die internationale Blue Community aufgenommen.

- Blue Community jetzt umsetzen
Foto: Berliner Wassertisch
Nun bleibt jedoch noch die wichtigste Aufgabe:
Die Grundsätze der Blue Community müssen auch in die Berliner Realität umgesetzt werden! Wo sind z.B. die kostenlosen öffentlichen Toiletten und wo sind Trinkwasserbrunnen, die nicht ein halbes Jahr lang abgestellt werden?
Ohne Bewegung von unten passiert da nach unserer Erfahrung gar nichts! Es hat sich ein loses Bündnis aus verschiedensten Initiativen und Organisationen zusammengefunden, die alle verschiedene Schwerpunkte zum Thema Wasser
bearbeiten. Die Links sind auf der Webseite bluecommunityberlin.de zu finden, falls jemand Kontakt aufnehmen möchte und
irgendwo mitwirken will.
Auch weitere Initiativen können sich gerne als solche der Blue Community Berlin anschließen: Wir sind im Kontakt und Austausch miteinander und treffen uns immer wieder, um miteinander zu überlegen, wie der nötige Druck auf die Politik ausgeübt werden kann, um die Dinge umzusetzen. Wir bleiben dran – jeder Tropfen zählt!